Brücke bei Steinfurt
Schneller bauen mit Fertigteilen
Bei der Sanierung von Eisenbahnüberführungen steht in der Regel ein zentrales Ziel im Mittelpunkt: Um den Bahnverkehr so wenig wie möglich zu stören, sind die Sperrzeiten, bei denen der Bahnverkehr zu ruhen hat, so gering wie möglich zu halten. Bei der herkömmlichen Bauweise werden die Bauteile vor Ort betoniert und verschoben. Oft müssen hierbei aufwändige Verbaue und Hilfsbauwerke errichtet werden. Projektingenieure suchen daher immer wieder nach praktikablen Lösungsalternativen, die die Bauzeit reduzieren. Eine gute Lösung wurde mit dem Ersatzneubau der Eisenbahnüberführung nahe des Haltepunktes Grottenkamp in Steinfurt-Borkhorst gefunden. Hier setzten die Ingenieure statt der Ortbetonbauweise auf den Einsatz von Rahmenfertigteilen aus Stahlbeton und konnten damit die Anzahl der Sperrpausen deutlich reduzieren.
Auf der Bahnlinie Münster-Enschede verkehren Personenzüge der DB-Regio. Im Zuge der turnusmäßigen Wartungskontrollen entschied das Anlagen- und Projektmanagement der DB Netz AG, die alte Bahnüberführung über einen Fuß- und Radweg bei Steinfurt im Nordwesten von NRW komplett zu erneuern. Ein Planungsansatz sah es vor, die neuen Stahlbeton-Halbrahmen örtlich herzustellen und mit Hilfe eines Querverschubs von der Seitenlage in die spätere Endlage zu versetzen. Hierfür wären nach Angaben der Ingenieure mehrere Sperrpausen erforderlich gewesen: In der ersten hätte ein Verbau errichtet werden müssen. In der zweiten wäre die Gleisanlage demontiert und eine Hilfsbrücke, die über die Baugrube spannt errichtet worden. Schließlich hätte man in der dritten Sperrpause den vor Ort gebauten Halbrahmen eingeschoben und die Hilfsbrücke wieder abgebaut. Um die Sperrpausen zu verkürzen, wurde aktiv nach anderen Möglichkeiten gesucht.
Eine statt drei Sperrpausen
Jan Reiker von der DB Netz AG über das Projekt: „Die ausführende Baufirma hat uns eine Alternativlösung vorgeschlagen, bei der wir über die gesamte Bauzeit mit nur einer Sperrpause ausgekommen sind.“ Demnach wurde das komplette Bauwerk entgegen der ursprünglichen Ortbetonlösung in nur 10 Stunden als Bausatz aus Fertigteilen auf die Baustelle geliefert und zusammengebaut. Insgesamt 17 Bauteile der Firma Kleihues Betonbauteile GmbH & Co. KG aus Emsbüren mit einer max. Breite von 4,80 m und einer max. Länge von 8,25 m sowie einem Einzelgewicht von bis zu 50 Tonnen wurden mit einem schweren Mobilkran an Ort und Stelle versetzt. Nach dem Versetzen wurden die Profile mit einem 2-Komponenten-Epoxidharzmörtel verklebt, miteinander verspannt und kraftschlüssig für den Endzustand eingebaut. Die Verspannung der Fertigteile erfolgte hierbei durch ein Stabspannsystem 32 WR im Verbund.
Verzicht auf Hilfsbrücken und Verbaue
Jan Reiker fährt fort: „Ein großer Vorteil dieser Bauweise besteht darin, dass wir die Fertigteile unmittelbar nach dem Einbau wieder hinterfüllen und die Gleise wieder draufsetzen konnten. Alles konnte unmittelbar nacheinander ablaufen. Aufwändige Hilfsbrücken und Verbaue benötigten wir daher nicht. So haben wir die Sperrzeit verringern können.“
Reduktion möglicher Fehlerquellen
Dipl. Ing. Paul-Martin Großkopff, Geschäftsführer des Herstellers Kleihues erwähnt noch ein weiteren Vorteil der Fertigteilbauweise: „Fertigteile werden unter kontrollierten Bedingungen und laufenden Qualitätskontrollen im Werk produziert. Im Vergleich zum konventionellen Verfahren erreicht man damit eine oft bessere Betonqualität, die auch optische Vorteile bietet. Ebenso führt die Reduktion der Arbeitsschritte, die mit dieser Bauweise einhergeht zu einer Vereinfachung des gesamten Vorhabens und zu einer Reduktion möglicher Fehlerquellen.“ Jan Riekers bestätigt: „Insgesamt handelt es sich bei dem Verfahren um eine sehr saubere Lösung, die nicht nur technisch einwandfrei funktioniert sondern auch optisch schön wirkt.“
Die Sanierung des Bauwerks erfolgte durch die Baufirma Alber Fischer GmbH aus Elze mit Hilfe eines Montageteams der Firma Kleihues am 22.10.2019. Bereits kurz nach Sperrung der Gleise konnten wieder Züge über die Unterführung rollen.