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Bahnhof Thayngen

Schneller bauen mit Fertigteilen

Der Bahnhof im schweizerischen Thayngen ist Teil der Bahnlinie von Zürich nach Stuttgart. Von der Europäischen Union ist diese Verbindung als TEN-Strecke (Trans- European Networks) klassifiziert. Um die damit verbundenen Anforderungen an die Strecke langfristig erfüllen zu können, wird der Bahnhof, der im Kanton Schaffhausen liegt bis Ende 2015 modernisiert. Ein wichtiger Bestandteil der Sanierungsmaßnahmen stellt der Bau einer barrierefreien Personenunterführung mit 2 Aufzügen zum mittleren Bahnsteig dar. Um die Beeinträchtigung des Bahnbetriebes so gering wie möglich zu halten, setzten die verantwortlichen Planer beim Bau der Unterführung auf Betonfertigteile.

Eine in Thayngen vielen lieb gewonnene, wenn auch anachronistische Tradition, wird nach den Baumaßnahmen für immer verschwinden: Der Bahn-Mitarbeiter mit der roten Kappe und der grün-weißen Kelle, der die Schranke des niveaugleichen Bahnübergangs bei jedem ankommenden Zug von Hand öffnet, um Fahrgäste durchzulassen. Denn dieser wird nach dem Bau der Unterführung und der Erhöhung und Verlängerung der Bahnsteige nicht mehr gebraucht. Die neue Unterführung soll für einen sicheren und barrierefreien Zugang sorgen und zudem eine bessere Verbindung zwischen Dorfzentrum und Industriegebiet herstellen. 

Nur eine Sperrpause von Freitag nacht bis Montag früh

Der Besondere Knackpunkt bei der gesamten Baumaßnahme bestand in den zeitlichen Restriktionen, die es einzuhalten galt. René Borchert – Bauleiter der Bauunternehmung W. Markgraf GmbH & Co KG aus Bayreuth erläutert die Hintergründe: „Nach dem Staatsvertrag von 1852 haben wir es hier mit einer deutschen Eisenbahnstrecke auf Schweizer Gebiet zu tun. Inhaber der Strecke ist damit die Deutsche Bahn. Unser Part bei dieser Maßnahme bestand u.a. im konstruktiven Tiefbau. Um mit nur einer Sperrpause vom letzten Zug Freitagnacht bis zum ersten Zug Montagmorgen auszukommen, haben wir beim Bau der Personenunterführung ganz bewusst auf Betonfertigteile gesetzt. Diese Bauweise erspart uns einen aufwändigen Verbau, das Anlegen von Hilfsbrücken und den Einsatz von Ortbeton. In der Zeit in der normalerweise ein Baubehelf hergestellt wird, konnten wir hier das eigentliche Bauwerk herstellen“, so Borchert. 

4 Rahmenprofile à bis zu 47 Tonnen bilden den Tunnel

Nachdem ein Teil des Gleisbettes entfernt wurde und zwei Bagger etwa 800m3 Boden ausgehoben haben, wurden mit Hilfe eines Mobilkranes vier Fertigteile mit einem Gewicht von bis zu 47 Tonnen etwa sechs Meter tief unter die Erde gebracht. 

Diese Fertigteile sind Rahmenprofile, die im Kontaktverfahren vom Betonsteinwerk Kleihues aus Emsbüren hergestellt wurden. Nach dem Versetzen wurden diese mit Epoxidharz verklebt, miteinander verspannt und kraftschlüssig für den Endzustand eingebaut. Als Basis für den Tunnel dienen zwei 13 Meter lange Streifenfundamente. Hierzu nochmals René Borchert: „Der große Vorteil dieser Bauweise liegt darin, dass wir die Fertigteile unmittelbar nach dem Einbau wieder hinterfüllen und die Gleise wieder draufsetzen konnten. Damit wurde die Bauzeit im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise halbiert und eine Menge Kosten gespart, denn der Bauherr – die DB Netze AG – setzt für eine Verspätungsminute bei Überziehung der Sperrpause mit Zugverspätungen etwa 175,- € an Kosten an“, ergänzt Borchert. 

Fertigteillösung bietet gute Optik, hohe Qualität und reduziert mögliche Fehlerquellen

Die Bauweise bietet aber neben der geringeren Beeinträchtigung des Bahnbetriebes noch weitere Vorteile: „Fertigteile werden unter kontrollierten Bedingungen und laufenden Qualitätskontrollen im Werk produziert“, so Borchert. „Daher weisen sie im Vergleich zur Ortbetonbauweise eine deutlich höhere Betonqualität auf. Dies wirkt sich sehr positiv auf die Optik aus. Für die Unterführung in Thayngen hat sich der Bauherr für eine Sichtschalung mit einer schlichten Rauhspund-Oberfläche entschieden. Außerdem sind bei dieser Bauweise deutlich weniger Arbeitsschritte erforderlich. Dies vereinfacht das ganze Bauvorhaben und reduziert auf diese Weise mögliche Fehlerquellen.“ 

Der Einbau der Unterführung erfolgte bereits Ende September 2014. Etwa 52 Stunden nach Sperrung der Gleise am 26.9. waren die Bauarbeiten soweit fortgeschritten, dass bereits ein erster Zug über den Tunnel rollen konnte. Die gesamte Sanierung der Bahnstation, die mit insgesamt 9,5 Millionen Euro zu Buche schlägt, soll Ende 2015 abgeschlossen sein. Eins ist jedoch heute schon klar: Ohne den Einsatz von Betonfertigteilen wäre der Umbau noch teurer geworden.