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Stauraumkanal Bad Bentheim

Stauraumkanal entlastet Bad Bentheimer Kanalnetz

Die vorhandenen Rohre im Kanalsystem im östlichen Bereich der Ochtruper Straße in Bad Bentheim konnten enorme Wasser- massen nicht verarbeiten. Vor allem in der Stichstraße „Im Stegehoek“, dem tiefsten Punkt der Straße, kam es daher regelmä- ßig zu Überschwemmungen. Teilbereiche Bad Bentheims werden ohne gesonderten Regenwasser-Kanal (RWKanal) entwässert. Hier kommt es zu verstärktem Fremdwasserzufluss in Form von Oberflächenwasser in den Schmutzwasser-Kanal (SW-Kanal). Dadurch sind in Teilabschnitten der SW- Kanalisation hydraulische Engpässe und Überstausituationen aufgetreten, die zu Notentlastungen von Schmutzwasser in angrenzende Gewässer, in die RW-Kanalisation sowie in angrenzende (teilweise unbefestigte) Grundstücksflächen führen.

Einmaliges Projekt im Landkreis

Im Zuge der Erarbeitung eines Generalwässerungsplanes (GEP) für die Stadt wurde die Straße „Im Stegehoek“ von LINDSCHULTE intensiv untersucht. „Die kleinen gegen größere Rohre auszutauschen – damit wäre das Problem nicht gelöst“, so Projektingenieur Dirk Brunhöver. Daher beauftragte der Trink- und Abwasserverband Bad Bentheim, Schüttorf, Salzbergen und Emsbüren (TAV) LINDSCHULTE mit der Planung eines in der Grafschaft Bentheim einmaligen Stauraumkanals. Für die Investition in Höhe von rund 570.000 Euro konnten etwa 30 Prozent Fördermittel geworben werden.

Zwischen der Straße „Im Stegehoek“ und der „Ochtruper Straße“ ist mit dem vorhandenen PKW-Parkplatz (im Besitz der Stadt Bad Bentheim) eine Fläche für die Errichtung eines Vorlagevolumens ohne erforderlichen Grundstückserwerb verfügbar.Der 57 Meter lange, unterirdische Stauraum mit einem Nutzungsvolumen von rund 250 Kubikmetern wurde im südlichen Bereich des Parkplatzes gegenüber der Spielbank gebaut. Um das vorhandene Kanalsystem zu entlasten, gibt es nun einen „Bypasskanal“ von der Stichstraße „Im Stegehoek“ zum neuen Stauraumkanal. „Dieser wird nur bei großen Regenmassen genutzt“, erläutert Marc-Christian Vrielink, Geschäftsführer bei LINDSCHULTE gegenüber den Grafschafter Nachrichten. Eine aufwändige Steuerungs- und Messtechnik mit zwei separaten Schaltschränken sorgen für die richtige Koordination. Diese Steuerung wird beim TAV ferngewartet.

Bei Starkregen wird das Wasser in einen oder beide Stränge geleitet, je nach Wassermenge. Hier wird es gespeichert und schließlich gedrosselt wieder in die vorhandenen Netze abgegeben. Zusätzlich zum Wasser aus dem östlich gelegenen Kanalsystem erfolgt ebenfalls eine Pufferung der nördlichen und westlichen Netze bei Starkregen-Ereignissen. Die Konstruktion wird also von beiden Seiten beschickt.

Da dem Stauraumkanal auch Schmutzwasser zugeführt wird, sammelt sich dort folglich allerlei Dreck – da kann es schon mal stinken. Dieses Problem haben die LINDSCHULTE-Ingenieure mit einem Wasserspeicher gelöst: Der Regenwasserkanal, der parallel zur Ochtruper Straße verläuft, wird angezapft und das Wasser in zwei Spülkammern geführt. Diese können 7,5 bis 12 Kubikmeter Wasser fassen. „Mit einer Schwallspülung werden die verschmutzten Rohre gereinigt und das Wasser wird wiederum in das normale Schmutzwasser-Netz abgeleitet“, erklärt Vrielink. Zu betonen sei, dass es sich um Regenwasser und nicht um Trinkwasser handelt.Der Wasserspeicher wird automatisch verschlossen, sobald ein gewisser Wasserpegel erreicht ist beziehungsweise geöffnet, wenn dieser zu niedrig ist. Im Übrigen ist der Speicher mit einer Notsicherung versehen, sodass dieser ebenso automatisch geschlossen wird, sobald kein Strom vorhanden ist.Zudem haben die Speicherkammern einen „reinigenden“ Nebeneffekt: Es handelt sich sozusagen um eine Regenwasserbehandlungs- anlage. Denn mit jedem Niederschlag sammelt sich in den Regenwasserkanälen vor allem in den ersten fünf bis zehn Minuten Schmutz, der beispielsweise beim Reifenabrieb entsteht.Dieses verschmutzte Wasser, auch „First Flush“ genannt, wird abgefangen und in die Kammern des Wasserspeichers geleitet. „Von dort aus wird es durch den Schmutzwasserkanal in die Kläranlage geführt“, so Vrielink.

Trotz der innovativen Bauweise weist der LINDSCHULTE-Geschäftsführer darauf hin, dass der Stauraumkanal keine Allzweckwaffe ist: „Bei großen Regenmengen kann es immer noch zu Überstau kommen.“ Aber während es bisher alle 5 Jahre zu einem Überstau aus der SW-Kanalisation in die angrenzenden unbefes- tigten Flächen sowie den RW-Kanal kam, liegt die rechnerische Versagenswahrscheinlichkeit nun bei etwa 20 Jahren.

Tiefbau: Sicherheit im VerborgenenEnde letzten Jahres waren die Bauarbeiten pünktlich beendet. Damit ist jetzt nichts mehr von dem Konstrukt zu sehen – außer klassischen Kanaldeckeln und zwei Schaltkästen. „Das ist immer etwas schade für uns Ingenieure. So ein Riesenbauwerk verschwindet einfach unter der Erde“, bedauern Dirk Brunhöver und Christian Vrielink mit einem Augenzwinkern.